Adolph Zahn. Von Gottes Gnade und des Menschen Elend. Ein Querschnitt durch das Werk eines faszinierenden Verfechters einer vergessenen Theologie. Hg. von Wolf Christian Jaeschke, Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2001.
Bernhard Kaiser in Bekennende Kirche N. 12 (Nov 2002): S. 23-24
Lange muß man suchen, bis man in der Theologenwelt des neunzehnten Jahrhunderts mit ihrem Fortschrittsoptimismus und ihren Illusionen vom Menschen einen Mann des biblischen Realismus findet. Wolf-Christian Jaeschke, der Leiter der Navigatoren-Arbeit in Deutschland, ist fündig geworden und hat uns Adolph Zahn vorgestellt. Dafür ein herzliches Dankeschön vorab.
Biblischer Realismus ist das Markenzeichen der Theologie, die in diesem Buch präsentiert wird. Adolph Zahn (1834-1900) war Pfarrer in Halle, Wuppertal und Stuttgart, ein Kämpfer für die Wahrheit und Irrtumslosigkeit der Schrift und gegen die Bibelkritik, ein Vetter von Theodor Zahn und Adolf Schlatter. Er lebte und wirkte in einer Zeit, in der der Heils- und Heiligungsoptimismus und die Illusionen vom neuen, wiedergeborenen Menschen der frommen und ansonsten bibelgläubigen Welt in den Kopf stiegen. Realismus dagegen heißt, daß Zahn in großer Klarheit vom vollbrachten, stellvertretenden Heil in Christus sprach, jener geistlichen Realität, die für uns nicht sichtbar ist, aber die doch so wirklich und wahr ist, wie Christus gestorben, auferstanden und in den Himmel aufgefahren ist. Ebenso realistisch beschreibt er das Elend des Menschen - auch das des Christen. Jene Illusionen vom neuen Menschen, die vor wenigen Jahren zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre geführt haben, werden in diesem Buch gründlich zerstört. Sein Wort ist darum so frappierend, so überaus unkonventionell für neupietistische Ohren, daß sich so mancher evangelikale Christ bei der Lektüre provoziert fühlt. Hier wird Christus verherrlicht: Sein Sühnetod, sein stellvertretendes Opfer, die Rechtfertigung und Heiligung in Christus und immer wieder der Glaube allein als die Weise, auf die der Christ an Christus teilbekommt - das sind die zentralen Themen. Daneben finden sich Aufsätze zu einem breiten Spektrum aus Kirchengeschichte und Dogmatik, die allesamt zur Schrift weisen.
Das Buch ist im besten Sinne des Wortes reformatorisch. Zahn war Kohlbrügge-Schüler und reformierter Theologe, aber was in diesem Buch zu lesen ist, wird auch der Lutheraner mit großem Wohlgefallen lesen. Das Buch, das an die sechshundert Seiten hat, enthält Theologie für die Gemeinde. Man sollte es nicht einfach durchlesen. Die einzelnen Aufsätze wollen jeweils für sich genommen und bedacht werden. - Lesen Sie es selbst und schenken Sie es Ihrem Pastor oder einem Mitarbeiter Ihrer Gemeinde!