Alfred Kuen: Der Gottesdienst in Bibel und Geschichte (Rezension)

Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn
Buchrezensionen
Alfred Kuen: Der Gottesdienst in Bibel und Geschichte (Rezension) -

Hier soll nur ein kleiner Hinweis auf das lesenswerte kleine Buch von Alfred Kuen zum Thema Gottesdienst crfolgen. Ursprünglich im Brockhaus-Verlag angekündigt, ist es nun im Verlag für Kultur und Wissenschaft erschienen. Es entwirft eine Gottesdienstlehre in freikirchlicher Perspektive - speziell der Perspektive der (Offenen) Brüdergemeinden, wobei der Autor der eigenen konfessionellen Tradition zum Teil auch in kritischer Freiheit begegnet (etwa zum Thema Abspaltung des Wortgottesdienstes vom eigentlichen Anbetungsgottesdienst in einer ,zweiten Stunde"). Damit ergänzt es die ebenfalls freikirchlichen Entwürfe von Haubeck, Heinrichs, Schröder (Gottesdienst feiern, Witten 2000)) und Nösser, Reglin (Wir feiern Gottesdienst, Wuppertal 2001), beide aus Perspektive der Freien evangelischen Gemeinden, und des vom Dozentenkollegium des baptistischen Theologischen Seminars Elstal herausgegebenen Themenheftes ,Gottes dienst" der Zeitschrift Theologisches Gespräch (27/2003, Heft 2). Allerdings ist das Buch von Kuen nicht nur unter konfessionellem Blickwinkel interessant, vielmehr entfaltet der Autor relativ breit und mit überraschenden Perspektiven die alt- und neutestamentliche Evidenz zu Themen rund um den Gottesdienst (S. 38-153). Aus brüdergemeindlicher Perspektive werden dann auch in drei weiteren zugleich konstruktiven und kritischen Kapiteln (S. 154-224) die liturgischen Entwicklungen in den ersten vier Jahrhunderten, im Mittelalter und von der Reformationszeit bis heute (lutherisch, reformiert, anglikanisch, pietistisch, freievangelisch, brüdergemeindlich, charismatisch) dargestellt und beurteilt. Die Aspekte, denen Kuen in weitgehender Übereinstimmung mit der Theologie der Offenen Brüder besondere Aufmerksamkeit widmet, sind: Theozentrik, Anbetung Gottes und Christi angesichts seines Erlösungswerkes, Mahl des Herrn, Umsetzung möglichst aller neutestamentlichen Gottesdienstelemente, Praktizierung des Allgemeinen Priestertums, Skepsis gegenüber dem Predigtmonopol nur eines beauftragten Amtsträgers, Raum für Spontaneität (Geistesleitung) bei gleichzeitigem geordneten Ablauf des Gottesdienstes. Es wird deutlich, dass sich insgesamt das von Kuen aus seiner Schrifterkenntnis entwickelte Gottesdienst verständnis tendenziell von der alt-darbystischen Tradition entfernt und sich in mancher Hinsicht, bei Beibehaltung der oben genannten brüdergemeindlichen Charakteristika, der reformierten Gottesdienstform annähert.

Das Buch ist cine lesenswerte Lektüre, die andere freikirchliche Gottesdienst perspektiven zu ergänzen und für Vertreter einer strenger formal-liturgischen Gottesdienstform einen anregenden Kontrapunkt darzustellen vermag.

Prof. Dr. Helge Stadelmann

Quelle: JET 18 (2004), S. 364-365


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